PROJEKT STURZPADS

Projekt Sturzpads: Luregn Projekt Sturzpads: Nils
Luregn, Fritz Studer AG, Steffisburg Nils, Fritz Studer AG, Steffisburg

Als bereichsübergreifendes Projekt (BüP) im 6. Semester an der IDM Thun haben wir uns für die Entwicklung von Sturzpads für die Yamaha MT-07 entschieden.

Motorrad fahren

Wir sind beide begeisterte Motorradfahrer. Luregn seit zwei Jahren und Nils seit eineinhalb Jahren. Luregn fährt eine Yamaha YZF R6 und Nils eine Yamaha MT-07.
Die R6 von Luregn ist eine Rennmaschine mit 4 Zylinder und einem Hubraum von 599 cm2. Die MT-07 von Nils ist ein Nakedbike mit 2 Zylinder und 689 cm2. Wir haben sehr verschiedene Motorräder, aber trotzdem teilen wir die gleiche Leidenschaft.

Ziel des Projekts

Wir sind beide Hobby-Motorradfahrer. Unsere Motorräder liegen uns am Herzen. Daher wollen wir, dass sie möglichst gut geschützt sind. Solange man auf einer gut asphaltierten und trockenen Strasse fährt, ist das Motorrad stabil, aber sobald es nass ist, hängt alles vom Können des Fahrers ab. Daher haben wir uns entschieden, Sturzpads für die Yamaha MT 07 von Nils herzustellen. Die Sturzpads werden an der Seite des Motorrades angebracht und ragen so weit hinaus, dass sie der äusserste Punkt sind, falls das Motorrad umkippen sollte. Die Sturzpads funktionieren beispielweise, wenn man in einer Kurve wegrutscht. In diesem Fall fällt das Motorrad nicht auf die Verkleidung, sondern landet auf den Pads. Im Falle eines Sturzes bei hoher Geschwindigkeit sind sie jedoch nicht sehr wirksam. Mit unserem Projekt wollen wir unser Motorrad besser schützen.

Projekt Sturzpads: Yamaha MT 07

Schwierigkeiten

Unsere grösste Herausforderung ist es, die Pads stabil genug zu gestalten. Bei einem Sturz werden sie durch mehrere Kräfte gleichzeitig belastet. Die Axialkraft wirkt von oben, und durch das Rutschen auf dem Boden werden sie auch noch auf Biegung beansprucht.

Planen

Pflichtenheft

Funktion
Die Sturzpads sollen mit einem Standard-Innensechskantschlüssel montiert werden können. Die Montage und Demontage soll sich einfach gestalten und auch durch Laien durgeführt werden können. Die Optik der MT-07 darf sich durch die Sturzpads nicht verschlechtern, und sie sollten optisch nicht sofort ins Auge stechen. Sie müssen genügend lang sein, um bei einem Sturz den ersten Aufschlag aufnehmen zu können, damit Rahmen, Lenker und Verkleidung nicht den Boden berühren.
Unsere Sturzpads sollen mit einer Normschraube montiert werden, damit sie einfach ersetzbar sind. Es ist wichtig, dass die Schrauben mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden, da sie sich sonst bei Vibrationen lösen könnten. Weil die Sturzpads in den Motorblock geschraubt werden, der aus Aluminium besteht, dürfen wir kein zu starkes Anzugsmoment verwenden, damit er nicht beschädigt wird.

Sicherheit
Die Sicherheit darf nicht verschlechtert werden. Da bei einem harten Sturz der Tank so stark beschädigt werden kann, dass Benzin austritt, ist es uns wichtig, dass die Sturzpads auf keinen Fall funken. Aus diesem Grund darf das Teil, welches den Boden berührt, nicht aus Stahl bestehen.

Herstellung und Werkstoffe
Um die Performance nicht einzuschränken, wollen wir möglichst leichte Werkstoffe verwenden. Denn wie bereits erwähnt, ist die grösste Stärke eines Motorrades das kleine Gewicht. Deshalb sind auch Motorräder mit wenig Leistung schnell unterwegs. Da spürt man jedes zusätzliche Kilogramm.
Ein Werkstoff wie Aluminium wäre ideal, da man ihn eloxieren kann und die Farbgebung damit einfach gestaltet werden kann. Korrosion ist auch ein No-Go, da es nicht nur schlecht und ungepflegt aussieht, sondern auch die ganze Konstruktion schwächt.

Norm- und Einkaufteile
Die Schrauben, die wir verwenden, sollen eingekauft werden und für jedermann erschwinglich sein.

Wunschziele
Es ist ideal, wenn wir die Teile in mehreren Farben herstellen können, damit die Sturzpads auch auf anderen Motorädern farblich noch gut passen. Für gewisse Motorräder braucht man Adapter, weil die Kunststoffverkleidung die Montagepunkte verdeckt. Deswegen möchten wir auch noch einen Adapter für die Yamaha YZF- R6 herstellen.
Um die Langlebigkeit zu erhöhen, wollen wir die Sturzpads aus mehreren Teilen machen, damit man im Schadensfall nicht das ganze Sturzpad ersetzen muss.

Fixation am Motorrad
Die Yamaha MT-07 hat auf beiden Seiten eine Vorrichtung für Sturzpads. Sie bestehen aus einem Gewinde und einem kurzen Rohr, welches als Führungsdurchmesser dient. Durch das Gewinde geht eine Schraube, die den Motorblock hält. Die von Yamaha eingeschraubte Schraube müssen wir durch eine Zylinderschraube mit Innensechskant ersetzen.

Projekt Sturzpads: Anschraubvorrichtung an Yamaha MT 07

Zu Beginn des Projektes haben wir drei verschiedene Skizzen erstellt. Somit hatten wir bereits eine Idee, wie unser Produkt aussehen soll, um Ideen zu sammeln und diese zu evaluieren.

Skizzen

Zunächst haben wir uns im Internet informiert, auf was man achten muss. Mit dem erlangten Wissen haben wir dann Handskizzen gemacht und mit diesen herumexperimentiert, bis wir drei Favoriten hatten.

Entscheiden

Morphologischer Kasten

Durch die drei Skizzen hatten wir eine grobe Vorahnung, wie unsere Sturzpads am Ende aussehen sollen. Um die wichtigsten Merkmale unserer Sturzpads zu sichern, haben wir sie in einem morphologischen Kasten mit Gewichtung aufgelistet und nach Lösungen gesucht. Danach haben wir mit blau markiert, welche Lösungsansätze am besten umsetzbar sind.

Projekt Sturzpads: Morphologischer Kasten

Entworfen haben wir unsere Zeichnungen im Autodesk Inventor Professional, ein CAD-Programm, das uns von der Schule zur Verfügung gestellt wurde. Dadurch konnten wir die Zeit im Unterricht optimal nutzen. Wenn wir für die Herstellung unserer Werkstücke ein CAM-Programm gebraucht hätten, wäre es für uns einfacher gewesen, alle Teile im Siemens NX-CAD zu zeichnen, da dies das CAD/CAM-Programm ist, welches wir in unserem Lehrbetrieb nutzen.

Konstruktion

Auf dem CAD haben wir dann die Sturzpads modelliert:

Projekt Sturzpads: CAD-Baugruppe

Fertigungszeichnungen

Verbindungsstück

Bei diesem Stück mussten wir darauf achten, dass es erstens stabil genug sein wird und zweitens herstellbar bleibt. Mit unserem Fachwissen im Bereich Fertigung war dies jedoch eine einfache Aufgabe.

Endstück

Das Endstück war eine grössere Herausforderung. Wir mussten beachten, dass es sich bei der Fahrt nicht lösen darf und trotzdem einfach zu wechseln sein muss. Ausserdem muss die Verbindung zwischen dem Verbindungs- und Endstück stabil genug sein, damit sie auf keinen Fall die Schwachstelle wird.

Projekt Sturzpads: Zeichnung Endstück

Zusammenstellzeichnung

Diese Zeichnung war die einfachste, da wir nur zwei verschiedene Werkstücke haben.

Projekt Sturzpads: CAD-Baugruppenzeichnung

Material- und Maschinenwahl

Durch den modernen Maschinenpark in der Lehrwerkstatt der Fritz Studer AG hatten wir eine gute Ausgangslage, um unsere Werkstücke zu fertigen. Wir haben uns entschieden, dass wir unsere Teile auf der CTX Alpha 500 von DMG Mori herstellen wollen. Die CNC-Drehbank hat 4 Achsen und ist damit gut dafür geeignet, weil wir mit ihr nicht nur drehen können, sondern auch zum Beispiel eine axiale Fräskontur. Wir werden das Verbindungsstück aus Aluminium herstellen. Das Endstück werden wir aus Kunststoff machen, weil wir so noch die Möglichkeit haben, dass das Sichtstück eine bestimmte Farbe hat.

Ausarbeiten

Herstellen der Teile im Lehrbetrieb
Wir haben das Rohmaterial am 31.8.2023 bestellt. Das Aluminium konnten wir aus den Rohmaterialkeller der Fritz Studer AG beziehen.
Zwei Tage später wurde uns das Material in die Lehrwerkstatt geliefert.
Den Kunststoff mussten wir extern bestellen. Dafür haben wir unserem Berufsbildner die Kunststoffbezeichnung und die Grösse des Rohmaterials gegeben. Anschliessend hat er diese Angaben an den Einkauf weitergeleitet. Der Einkauf hat uns das Material bei unserem Kunststoffhändler bestellt. Somit hatten wir nichts mehr zu tun mit der Rohmaterialbeschaffung.

Da wir nach dem Bestellen des Rohmateriales wussten, welche Aussenmasse wir hatten, konnten wir uns an das Programmieren machen. Wir haben beide Stücke auf der CTX-Alpha programmiert. Mit der ShopMill Programmiersteuerung war es für uns keine besondere Herausforderung, ein prozesssicheres Programm zu schreiben. Die ShopMill Steuerung ist eine von DMG Mori selbst entwickelte Programmiersteuerung. Dabei fügt man für jede Operation einen neuen Zyklus ein. Wir haben auf unserer Maschine einen Revolver mit maximal 12 Werkzeugplätzen. Damit konnten wir unsere Werkstücke problemlos herstellen.

Projekt Sturzpads: CAM programmieren

Am 7.9.2023 haben wir die Verbindungsstücke gedreht. Dabei hatten wir Schwierigkeiten mit dem Bohren, da der erstgewählte Bohrer sehr stark vibrierte. Deshalb mussten wir ihn durch einen Bohrer mit einer Hartmetallkrone ersetzen. Den Führungsdurchmesser mussten wir leider noch stark bearbeiten, da wir bei der Planung nicht sahen, dass es innen am Gegenstück am Motorrad noch eine Schweissnaht hat und das Rohr leicht konisch ist. Daher haben wir das Rohr noch einmal genau ausgemessen und die erste Seite erneut programmiert. Nach mehrmaligem Anpassen haben die Verbindungsstücke schliesslich gepasst.

Projekt Sturzpads: Verbindungsstück drehen

Die Endstücke konnten wir erst am 9.11.2023 fertigen, da es für den Kunststoff starke Lieferverzögerungen gab. Das Fertigen der Endstücke war kaum ein Problem. Für die Gravur haben wir einen 3mm Fräser verwendet.

Projekt Sturzpads: Endstück drehen

Montage der Baugruppe
Wegen des Lieferverzuges des Kunststoffes mussten wir knapp zweieinhalb Monate warten, bis wir den ersten Montagetest machen konnten. Dieser verlief aber wie erwartet problemlos. Wir mussten nur noch das Endstück auf das Verbindungsstück schrauben.

Projekt Sturzpads: Montage Projekt Sturzpads: Produkt montiert

 

Funktionskontrolle

Für die Funktionskontrolle haben wir uns am 15. November Zeit genommen. Wir haben uns nach der Arbeit in der Lehrwerkstatt getroffen. Von dort konnten wir das Werkzeug ausleihen, damit wir die Schrauben, die den Motor halten, hinausschrauben konnten. Die neue Schraube konnten wir aus unserem Lager beziehen.
Wir haben uns für eine M12x55 Zylinderschraube mit der Festigkeitsklasse 8.8 entschieden. Danach haben wir das Verbindungsstück fest in die Vorrichtung am Motorrad geschraubt. Anschliessend konnten wir das Endstück durch das Feingewinde anschrauben. Danach haben wir beide Stücke noch einmal demontiert, damit wir den Text noch gerade ausrichten konnten.

Damit wir die Funktionskontrolle abschliessen konnten, haben wir zu zweit das Motorrad auf die Seite gelegt. Die Sturzpads schützen perfekt. Auf der Seite liegend kommen keine Teile der Verschalung auf den Boden. Sollte Nils also einmal umfallen, wirkt das Gewicht auf die Sturzpads, den Spiegel, und falls die Fussraste nicht hochklappt, noch auf sie fallen.

Projekt Sturzpads: Test

 

Reflexion

Nils

Ich finde, wir hatten ein nicht besonders schwieriges Projekt, haben es dafür mit guter Qualität gemacht. Es hat mir meistens Spass gemacht, an unserem Projekt zu arbeiten. Dies hat bestimmt auch damit zu tun, dass die Sturzpads für mein Motorrad sind, welches mir sehr viel bedeutet. Im Sommer gehe ich gelegentlich auf Motorradtouren, und da möchte ich mein Bike bestmöglich vor einem Unfall schützen, was bestimmt verständlich ist.
Im Nachhinein hätte man bestimmt auch eine aufwändigere Arbeit machen können. Gegen den Schluss wurde es dann doch noch ein wenig stressig, weil gleichzeitig mussten wir noch unsere Vertiefungsarbeit im ABU machen.
Aus dieser Arbeit kann ich verschiedene Sachen mitnehmen: einerseits wäre da die ganze Arbeit, die man machen muss, bis man ein Werkstück herstellen kann. Andererseits wie man die Arbeit einteilen muss, damit man zum Ende der Arbeit keinem Druck ausgesetzt wird. Somit ist die Vorweihnachtszeit auch viel besser zu geniessen.

Luregn

Ich wollte von Anfang an ein Projekt, welches wir sicher fertigstellen können. Und ich wollte bereits am Anfang so weit wie möglich alle Fehlerquellen ausschliessen und alles durchdenken. Trotzdem haben wir verschiedene unvorhersehbare Probleme gehabt, wie  z.B. Lieferverzögerungen.
Ich denke aber, dass wenn wir uns am Anfang etwas mehr Fehler und kreatives Denken erlaubt hätten, wäre ein anderes Produkt entstanden.
Bei dieser Arbeit habe ich gelernt, wie wichtig es ist, einander vertrauen zu können, und dass eine gute Kommunikation wichtig ist. Auch das Aufteilen der Arbeit hat mir besonders geholfen, da ich mich somit auf meinen Teil konzentrieren konnte, während Nils seinen erledigte. Wie schon erwähnt, will ich bei meinem nächsten Projekt nicht vom Anfang an alles perfekt machen, da das nicht möglich ist. Stattdessen möchte ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und aus Fehlern so viel wie möglich profitieren.